Milo
ist nun sechs Jahre alt. Er lebt mit seiner Mama in einer hübschen
Dachwohnung.
Dort hat er ein großes Kinderzimmer mit vielen Spielsachen.
Einige dieser Spielsachen sind nicht mehr für Kinder in seinem Alter geeignet,
sagt Mama, aber trennen möchte er sich noch nicht so gerne von ihnen.
Da ist
zum Beispiel dieser bunte Holzklotz an dem man kleine Holzfiguren einen dicken
Draht mit Looping und Schraube entlang schiebt.
Das
macht Milo schon lange nicht mehr. Er nutzt den bunten Holzklotz für etwas ganz
bestimmtes. Das Gestell mit den Figuren und dem Draht kann man vom Klotz
herunterheben und so tut sich ein prima Hohlraum auf. Darin lagern viele
wichtige Dinge mit denen Milo die Welt entdeckt.
Das
wichtigste Utensil ist der Lupenbecher. Ein Lupenbecher ist ein Durchsichtiges
Gefäß mit abnehmbarem Deckel, an dem die Lupe befestigt ist. Milo hat schon oft
Insekten darin gefangen und sie dann einige Zeit beobachtet, ehe er sie wieder
freiließ. Insekten wie Käfer und Fliegen, aber auch Spinnen findet er sehr
interessant. Wenn Milo mit seiner Mama spazieren geht, bleiben sie alle fünf
Meter stehen, weil sie wieder irgendein Tier entdeckt haben.
Faszinierend,
wie diese kleinen Tier ihre aufwendigen Netze bauen oder Ameisen sich die Wege
über und zwischen Steinplatten bahnen um dann in vielen kleinen Löchern zu
verschwinden. Dort unter der Erde leben sie. Die Arbeiterinnen versorgen die
Ameisenkönigin mit ihre Larven. Milo würde niemals auf eine Ameise treten, wenn
er es verhindern kann. Er hat schon oft gesehen wie andere Kinder das getan
haben. Sehr gemein so etwas.
Mama
sagt immer: „Du willst ja auch nicht, dass eine riesige Ameise auf dich tritt.“
Milo
ist groß für sein Alter. Fast 120 Zentimeter misst er jetzt und in diesem
Sommer kommt er in die Schule. Endlich, denn der Kindergarten ist inzwischen langweilig geworden.
O.K. Die Wald AG einmal pro Woche ist spitze. Da
kann sich Milo mit all den Dingen beschäftigen die er liebt. Zauberstäbe aufsammeln
und sogar ein wenig Schnitzen, unter Aufsicht der Erzieher. Tiere beobachten
und mit Gummistiefeln durch Matschpfützen springen. An den Rändern der Waldwege
findet er die tollsten Steine. Die steckt er in seine Jackentaschen bis sie
ganz schwer herunterhängen. Mama guckt immer etwas schief und zieht eine Augenbraue
hoch wenn sie die Taschen ausleert. Denn es kommen viele Steine zum Vorschein.
Der
Gedanke an die Schule erfüllt Milo mit Stolz. Er wollte schon im letzten Jahr
unbedingt lesen und schreiben lernen. Dieses Jahr ist es nun endlich
soweit.
Bislang hat Mama ihn jeden
Morgen zum Kindergarten gebracht. Das soll mit dem heutigen Morgen anders
werden.
Milo
hat beschlossen, er wird alleine gehen. Er ist so groß und kann inzwischen die
Uhr lesen, dann kann er auch alleine zum Kindergarten laufen. Paul und Phillip
aus seiner Gruppe machen es schließlich schon einige Wochen lang.
Der
Kindergarten ist nur gute fünf Minuten Fußmarsch von Milos Haus entfernt.
Schaut
man aus dem Wohnzimmerfenster, über den Garten und eine dahinter liegende
Häuserreihe, kann man ihn fast sehen.
Es
gibt eine Abkürzung. Wenn man in die Einfahrt des Nachbarn und durch dessen
Garagenhof geht, kommt man bei der Einfahrt der gegenüberliegenden Häuserreihe
wieder heraus. Von dort aus muss Milo nur eine Straße überqueren und schon ist
er da. Diesen Weg gehen Mama und er auch manchmal, aber für gewöhnlich laufen
sie den normalen Gehweg entlang, zweimal rechts, vorbei am großen Kirschbaum,
über zwei kleine Straßen. Ganz einfach eben.
Die
Kindergartentasche ist gepackt. Milo zieht seine Sandalen an und Mama bringt
ihn nach unten zur Tür. Etwas aufgeregt ist er doch, trotzdem er beim Frühstück
noch einmal alle Einzelheiten mit Mama besprochen hat.
Sie
sagte: „ Milo, geh bitte zügig und bleib nicht überall stehen. An der Straße
musst du dich gut umschauen, so wie wir es immer tun. Sabine erwartet dich um
neun Uhr im Kindergarten.“
Mama
warf ihm noch einen Luftkuss hinterher und dann ging die Haustür zu. Er geht
schnurgerade den Weg durch den Vorgarten, ein paar Schritte rechts herum auf
dem Gehweg und biegt gleich wieder in die Einfahrt des Nachbarn ein.
Der
Himmel ist wolkenlos blau und die Sonnenstrahlen sind schon warm. In einem
kleinen Grünstreifen auf dem Nachbarhof steckt ein Spaten in der Erde. Und ganz
plötzlich landet auf diesem eine schöne
große Libelle. Milo geht langsam näher heran. Er möchte sie nicht erschrecken
und genau betrachten. Toll! Der Tag fängt richtig gut an, findet er. Die
Libelle sitzt in aller Seelenruhe oben auf dem Holzgriff und wärmt sich. So ein schönes Tier.
Sie
ist hellrot und besitzt sechs Beine, die so dünn aussehen als würden sie gleich
unter ihrem Gewicht zusammenbrechen. Milo erkennt die vier glänzenden
durchsichtigen Flügel. Wenn er genau hinsieht, erkennt er genau die Netzartige
Beschaffenheit.
Das
laute Summen mit dem sie startet reißt Milo unsanft aus seinen Beobachtungen.
Er hätte gerne noch etwas länger geschaut, aber nun hebt er sein Handgelenk um
auf die Uhr zu sehen. Oje, schon drei Minuten vor neun, sagt er laut zu sich
selbst. Jetzt aber schnell zum Kindergarten.
Atemlos
kommt er an und plappert sofort darauf los. Er ist ganz alleine gekommen und
ist ganz pünktlich, stellt er beim Blick auf seine Uhr fest.
Beim
zweiten Frühstück erzählt Milo noch einmal allen wie schön die Libelle war, die
auf dem Griff des Spatens saß. Die Kinder hörten gespannt zu.
Morgen
wird er wieder alleine laufen und sicher etwas Tolles auf dem Weg sehen.
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